Premier League Offside – Folge 17

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Autor: Carsten Germann
Veröffentlicht: 11.06.2021

Veröffentlicht in Premier League Offside

Wir sind die Neuen – Brentford FC oder: Dänen lügen nicht

Die Premier League startet am 14. August 2021 in ihre 29. Saison. Ein Verein wird erstmals in der englischen Fußball-Eliteliga auflaufen. Der FC Brentford. Das ist Stoff für die nächste Fußballreise nach London!

Es sind nur ein paar Kilometer die Themse entlang. Dann erreicht man nicht nur Londons Fußballburg Nummer 1, sondern den Champion von Europa. Der FC Chelsea ist der östliche Nachbar des Premier-League-Neulings Brentford FC.

Und an den 29. Mai 2021 wird man sich im Londoner Westen wohl auf ewig erinnern. Drei Stunden, bevor der FC Chelsea im rein englischen Duell in Porto in einem poetisch anmutenden Finale und endlich wieder mit Fans im Stadion gegen Manchester City (1:0) die Champions League gewann, wurde schon gejubelt.

„Danish Dynamite“ zündet jetzt auch in Brentford!

Da waren 74 – in Worten: Vierundsiebzig – Jahre der Zweitklassigkeit für den FC Brentford zu Ende. Im London der Herdenimmunität durfte gleich doppelt gefeiert werden!

Ich will gar nicht so weit gehen und ausrechnen, wann für den HSV 74 Jahre in der 2. Liga zu Ende wären… Aber Spaß beiseite! Der FC Brentford wird ab August 2021 der 50. Klub in der englischen Premier League sein. Krasser Außenseiter zwar, wie fast alle Aufsteiger in fast 30 Jahren englische Eliteklasse. Aber mit Charme. Denn: Kein Klub in der Premier League ist dänischer als der Brentford Football Club!

Mehr als 200 Millionen Euro winken Brentford in der Premier League

Sieben Spieler im Kader von Trainer Thomas Frank (47) kommen aus Dänemark. Emiliano Marcondes, wie der Name schon sagt, dänischer Junioren-Nationalspieler, sicherte mit dem 2:0-Siegtreffer gegen Swansea City den Jackpot. 210 Millionen Euro winken dem Sieger des Premier-League-Playoff-Finals. Und die sind in jedem Sommer eine emotionale Angelegenheit, fragen Sie mal in Huddersfield nach! Der Aufstieg in die Premier League ist für Brentford FC der vorläufige Höhepunkt einer steten Weiterentwicklung. Der Klub aus dem Londoner Westen hat sich 2009 erst in die 3. Liga (Football League One) hoch gearbeitet. 2014 folgte dann der Aufstieg in die zweitklassige Championship. Nach der regulären Saison und 46 Spielen ging es als Tabellendritter 2021 in die Playoffs. 0:1 und 3:1 gegen den AFC Bournemouth in den Halbfinals. Und – die Krönung – 2:0 gegen Swansea. „Die Reise, auf der dieser Klub war, ist unglaublich“, erklärte ein überglücklicher Thomas Frank. „Wenn du hart arbeitest, eine klare Strategie und ein Gemeinschaftsgefühl hast, ist alles möglich.“ Und wenn du mit Matthew Benham, einem studierten Mathematiker und Buchmacher einen Investor hast, ist noch mehr drin.

Bis 2009 noch viertklassig

Hart gearbeitet haben sie in Brentford eigentlich immer. Und sie waren fast ganz unten angekommen. 1962/63, 1966 bis 1973 und 1973 bis 1978 flogen die „Bees“ (Bienen) nur in der Fourth Division. Viertklassig war man auch 2007 bis 2009 in der Football League Two. Zu den Trainern, die den Erfolgsweg ebneten, gehörte auch ein Deutscher. Uwe „The Bomber“ Rösler führte Brentford von 2011 bis 2014 als Coach. Aber auch der ehemalige Torjäger von Manchester City und FC Kaiserslautern schaffte das scheinbar unmögliche nicht. Brentford benötigte in seiner Historie insgesamt 10 Anläufe, um endlich wieder erstklassig zu spielen. Erste Liga mit Brentford. Das hatte es zuletzt 1947 gegeben.

Vitaly Janelt: Erst Premier League, dann U21-Europameister!

2021 ist ein Deutscher dabei beim Brentford-Wunder. Es ist U21-Europameister Vitaly Janelt, 600.000 Euro teurer Transfer vom VfL Bochum. Der defensive Mittelfeldspieler absolvierte 41 Spiele (3 Tore) in der Championship-Saison. Vom dänischen Ensemble kam Mittelfeldspieler Mathias Jensen (45 Spiele / 2 Treffer) auf die meisten Einsätze. Alle 46 Ligaspiele (9 Tore) machte der spanische Mittelstürmer Sergi Canós (24).

Fußballreise London: Auf nach Gunnersbury!

Eine Fußballreise nach London dürfte sich 2021/2022 auch wegen Brentford FC lohnen. Das erst im August 2020 eröffnete Brentford Community Stadium gehört mit nur 17.250 Zuschauerplätzen zu den kleinsten Stadien der Premier-League-Geschichte. Bis es fertig war, erlebte man in Brentford die unendliche Geschichte.

Pläne, das legendäre, aber in die Jahre gekommene Stadion Griffin Park zu verlassen, gab es schon in den 1970er-Jahren. Damals rechnete Diplom-Mathematiker Benham noch woanders. Aber: Richtig konkret wurde es erst 2002. Der Plan, Brentford durch ein neues Stadion für Investoren attraktiver zu machen, war klug. Er ging aber erst 10 Jahre später auf. Da kaufte Brentford das infrage kommende Bauland seinem Partner Barrat Homes ab. Grünes Licht gab es 2014 vom damaligen Londoner Bürgermeister, einem gewissen Boris Johnson. 2017 war endlich Baubeginn. Doch die Corona-Pandemie sorgte immer wieder für Baustopp. Und damit für den berühmt-berüchtigten Frust am Bau.

Griffin Parkin London - Heimat von Brentford FC

Griffin Park in London - Heimat von Brentford FC

Das neue Stadion liegt verkehrsgünstig. Es grenzt an die Kew Bridge Railway Station. Nächste U-Bahn-Station im Netz von London Underground ist Gunnersbury im Borough of Hounslow.

Wo ist das beste Fußball-Pub in Brentford?

Fußball-Pubs in London – Diese lange Liste wäre nicht komplett ohne Brentford. Schon der Griffin Park wusste Fußballfans mit Bierdurst zu begeistern. Das Stadion hatte an jeder Ecke ein Pub. Das war insofern nicht verwunderlich, da die Brauerei Griffin das Gelände besaß, auf dem das Stadion lag. Das Pub The Griffin ist eine gute Meile Fußweg vom neuen Brentford Community Stadium entfernt. Bei Auswärtsfans gilt es als das beliebteste Fußball-Pub in Brentford. Vom Fass gibt es Fuller’s und Essen (u. a. Spare Ribs oder Garnelen) serviert man an Fußball-Samstagen bis 21 Uhr.

Sir Rod Stewart kickte in Brentford nur auf Probe

Bekanntester, weil trinkfestester Spieler der „Bees“: Paul „Merse“ Merson. Das Enfant terrible des englischen Fußballs wirkte 1987 auf Leihbasis in Brentford. Und dann wäre da noch der Sir. Ein Mann namens Rod Stewart (damals 15) absolvierte 1960 ein Probetraining bei Brentford FC. Mit 16 unterschrieb der Junge aus dem Londoner Arbeiterviertel Highgate auch einen Vorvertrag. Zu einer Profikarriere reichte es dennoch nicht. Dass „Hot Rod“ im gleichen Jahr, 1971, den Welthit Maggie May aufnahm, war im Nachgang betrachtet, doch irgendwie die bessere Idee.

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Foto: Die Dänen-Connection in der Premier League! Brentfords Rechtsverteidiger Mads Roerslev Rasmussen (l.) blockt am 7. Juli 2020 gegen Charlton Athletics Alfie Doughty eine Flanke ab.

Der Autor: Carsten Germann berichtet seit 2002 aus erster Hand über den englischen Fußball, u. a. für DIE WELT, BILD am SONNTAG und seit 2018 als leitender Redakteur bei Ligalive.net. Zudem gab er mit den Büchern Football’s home (2007) und Absolute Dynamite! (2010) zwei Sammelbände mit seinen Fußball-Reiseerlebnissen aus Großbritannien heraus. Für DIE FUSSBALLREISE schreibt er regelmäßig über den Insel-Kick.

Fotorechte:
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