Fußballreisen FC Chelsea führen in diesem Sommer zu einem der größten Kader in der Premier League – 43 Spieler hat der neue Chelsea-Trainer Enzo Maresca zur Verfügung – und viel Zeit, um das Aufgebot signifikant zu verkleinern und einigermaßen Struktur in den Laden zu bringen, bleibt mit Blick auf den Transferschluss nicht mehr.
Stellen Sie sich vor, es ist „Midnight in Chelsea“, an der Bar sitzt John Francis Bongiovi jr., genannt Jon Bon Jovi (Weltkarriere unter bürgerlichem Namen nicht möglich), Schöpfer dieses genialen Songs von 1997, und es kommen 43 Mann rein.
Das könnte im Londoner Südwesten derzeit auch ohne Bon Jovi passieren, wobei man für eine Chelsea-Siegesfeier im Mannschaftskreis gerade eher eine Turnhalle als einen trendigen Club anmieten müsste…
Ein Milliarden-Star-Ensemble
Mal unter uns. 43 Spieler – Das will irgendwie zum Transfer-Wahnsinn passen, der unter dem US-amerikanischen Eigentümer Todd Boehly seit 2022 in London eingesetzt hat.
Das Portal Transfermarkt.de beziffert den Kader-Wert der „Blues“ auf 1,09 Milliarden Euro. Damit liegen die Londoner – rein von der Papierform her – auf Rang drei in der englischen Eliteliga.
Noch luxuriöser sind in der Premier League aktuell nur die Kader vom Stadtrivalen FC Arsenal (1,15 Milliarden Euro) und von Meister Manchester City (1,30 Milliarden).
Dass Eine-Milliarde-Euro-Ensemble des FC Chelsea werden wir international – nach 2:0 im Hinspiel gegen Servette Genf in den Playoff und einer enttäuschenden Premier-League-Saison 2023/2024 – wohl nur in der UEFA Europa Conference League sehen.
„Seit 2023 ist nichts besser geworden“
Qualifiziert sich der 2-malige Champions-League-Sieger wie erwartet, dann wird an der Stamford Bridge mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Zwischen dem Kader-Wert des FC Chelsea und dem des zweitteuersten Teams der Qualifikanten, AC Florenz mit 251 Millionen Euro, liegen mehr als 750 Mio. Euro. Galaxien!
„Dass die Blues überhaupt in diesem drittklassigen europäischen Wettbewerb starten, in der Qualifikation der Conference League“, so kommentierte England-Legende Keir Radnedge am 22. August 2024 im Kicker-Sportmagazin, „sagt viel darüber aus, dass seit 2023 nichts besser geworden ist. Im Gegenteil: Der stolze Champions-League-Sieger von 2021 taumelt.“
Und wie! Beim FC Chelsea überboten sich die Macher in diesem Transfer-Sommer mit haarsträubenden Deals. So tauschten der Portugiese Joao Felix von Atlético Madrid und der englische Nationalspieler Conor Gallagher unmittelbar vor dem UECL-Hinspiel gegen Genf die Vereine. Für die Dienste von Joao Felix, den man im Januar 2023 für 11 Mio. Euro auf Leihbasis aus Madrid geholt hatte und der in London mit 4 Toren in 16 PL-Auftritten nicht wirklich überzeugte, zahlte man nun 52 Millionen Euro.
Teurer kaufte man 2024 nur Felix‘ portugiesischen Landsmann Pedro Neto von den Wolverhampton Wanderers ein – für 60 Millionen Euro.
Die Liste der Spieler, die der Chelsea Football Club gerne von der Gehaltsliste streichen würde, ist lang – Transfermarkt.de nennt neun CFC-Profis, die noch gehen sollen.
An Prominenz mangelt es auf der Chelsea-Streichliste nicht. Auf ein kolportiertes Wochengehalt von 370.000 Euro kommt der schon zur EURO 2024 ausgebootete englische Nationalspieler Raheem Sterling.
Er hat bei Chelsea ebenso keine Zukunft wie sein Kollege bei den „Three Lions“, Ben Chilwell.
Der Außenstürmer Sterling war im Juli 2022 bei seinem Wechsel von Manchester City nach London einer der ersten Top-Transfers der Ära Boehly.
Der Mittelstürmer Armando Broja, in der eigenen Akademie ausgebildet und mehrfach (u. a. zum FC Fulham) verliehen, steht ebenfalls vor dem Absprung. Der VfB Stuttgart, Milan und die AS Monaco werden als Interessenten genannt.
Sechs Torhüter
Kepa, einer von sechs Torhütern im XXL-Kader, wird ebenfalls unter die Streich-Kandidaten gerechnet. Zurück nach Leihe von Real Madrid, hat man dem Spanier mit dem Engagement des dänischen Schlussmannes Filip Jörgensen vom FC Villarreal die Perspektive aufgezeigt. Sie lautet: „Können gehen, können jetzt gehen!“
Das gilt auch für „Big Rom“, Romelu Lukaku. Der belgische Sturmtank wurde an der Bridge nie wirklich glücklich und gilt fast sicherer Kandidat auf einen Abschied – möglicherweise sogar im Tausch mit dem Nigerianer Victor Osimhen vom SSC Neapel. Ziemlich verrückt alles.
„Bislang zeugt ein Kader von 33 bis 43 Profis, das schwankt derzeit stark, weder von einem Konzept noch von geordneten Finanzen“, kritisiert Radnedge, „der Klub, der schon mal mit einer Transfer-Sperre belegt wurde, steht national, kontinental und weltweit unter Beobachtung. Um die finanzielle Bilanz zu halten, ist jetzt schon klar, dass Chelsea zwei Hotels verkaufen muss…“
Bis 2027 unter Vertrag
Oder vielleicht den ein oder anderen Spieler? Das ist angesichts der mehr als großzügigen Vertrags-Laufzeiten – Lukaku beispielsweise ist noch bis 2026, Chilwell und Sterling sind gar bis 2027 im Kontrakt – nicht einfach.
Wenn dann auch noch der Eigentümer beim Stand von 0:2 gegen den Branchenprimus Manchester City am ersten Spieltag in die Loge verschwindet, ist das sicher kein Vertrauensbeweis für Trainer und Kader-Planer.
Aber: Es ist noch nicht „Midnight in Chelsea“! Was der Londoner Männerchor leisten kann, bekamen am 2. Premier-League-Spieltag die Wolverhampton Wanderers zu spüren – 2:6 (2:2). Vor allem der mit 80 Millionen Euro wertvollste Spieler bei den „Blues“, Cole Palmer, zeigte mit 4 Tor-Beteiligungen sein großes Können. Das ist doch schon mal was.