Fußballreisen FC Liverpool leben seit 2015 auch von der Strahlkraft des Jürgen Norbert Klopp, der am 26. Januar 2024 das Ende seines Engagements in Anfield bekannt gegeben hat – und die globale Fangemeinde der „Reds“ ratlos zurückgelassen hat. Mich übrigens auch.
„Ich habe keine Kraft mehr“, dieser Satz von Jürgen Klopp in seiner emotionalen Videobotschaft vom 26. Januar 2024 stimmte mich nachdenklich.
Eigentlich hätte ich aktuell gar nicht so sehr mit diesem Schritt gerechnet. Eher im Sommer 2023, als am Ende einer unter dem Strich schwachen Liverpool-Saison nur die Europa League stand.
Aber Klopp geht. Das muss man respektieren. Und man kann es verstehen. Seit 2002 schreibe ich über die Premier League. Glauben Sie mir: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass diese Liga anders ist als alle anderen. Eine Premier-League-Saison ist ein Marathon. Du kannst im Anfang Mai noch vorn sein, du kannst am letzten Spieltag noch führen und doch kann dir – siehe „Look at the Frustration here!“ mit Manchester City 2012 – fast alles in den Schlussminuten noch durch die Finger rinnen.
Dazu kommen die internationalen Wettbewerbe, der FA Cup und der EFL Cup (Carabao Cup). Von Karlsruhe bis Katar hat Jürgen Klopp mit dem LFC eine Menge strapaziöser Fußballreisen gemacht.
Goldener Abschied für Klopp?
Die Abschieds-Erklärung ist aber noch nicht das Ende. Vier Titel kann Klopp in dieser Saison noch mit Liverpool gewinnen und seine Ära an der Merseyside vergolden. Wenn es denn noch einen Goldrand braucht.
Der FC Liverpool, der das Stadion von Anfield im Sommer 2023 auf 57.000 Plätze aufgestockt hat, kann rund schon einen Platz suchen, wo man eine Bronzestatue von Jürgen Klopp aufstellen könnte.
Vor dem Stadion steht bislang ein Bildnis des legendären Bill „Shanks“ Shankly (1913 – 1981) mit der Inschrift „He made the People happy“. Er machte die Menschen glücklich. Der Schotte, der den Kultspruch „Viele Leute denken, dass es im Fußball um Leben und Tod geht. Ich teile diese Meinung nicht, denn es geht um mehr“ prägte, brachte Liverpool auf die Landkarte. Drei Mal englischer Meister, zwei Mal FA Cup-Sieger und 1973 der erste internationale Erfolg, 3:0 und 0:2 in den UEFA-Pokal-Finalspielen gegen Borussia Mönchengladbach. Zehn Titel holte „Shanks“ („In Liverpool gibt es zwei gute Teams. FC Liverpool und Liverpools Reserve“) in 15 Trainer-Jahren.
Diese Titel-Anzahl könnte Klopp bei optimalem Saisonverlauf – mit den „Reds“ steht er bereits im Ligapokal-Finale und führt mit ihnen die Premier-League-Tabelle mit 5 Punkten Vorsprung an – noch erreichen.
Aber das ist gar nicht mehr so wichtig. Der deutsche Coach muss in Liverpool nichts mehr beweisen. Entscheidend ist die Wirkkraft des Jürgen Klopp. Für Liverpool, für die Premier League, für die deutsche Trainergilde. Eine moderne deutsche Erfolgsstory.
Keiner prägte Anfield so wie Klopp
Kein anderer Coach hat den 19-fachen englischen Meister in der Premier-League-Ära so sehr geprägt wie Jürgen Norbert Klopp. Er verblüffte Fans und Medien mit seiner unglaublich empathischen Art und seinen lockeren Sprüchen („Football is not a Wish Concert“). Er führte Begriffe wie ,,Vollgas-Fußball“ (Full Throttle Football) praktisch als Neologismen ins Englische ein und übersetzte den geneigten Engländern den Namen des Österreichers Ralph Hasenhüttl („Hase is the Rabbit and Hüttl means nothing“). Absoluter Kult.
Die Zahlen sprechen für sich und nach meinem Dafürhalten wird es so schnell keinem deutschen Coach gelingen, ähnliche Werte in England zu liefern, wie der Ex-BVB-Coach dies tat.
466-mal betreute Jürgen Norbert Klopp den Liverpool Football Club bislang in der englischen Eliteliga – bei 283 Siegen und 105 Remis. Nur 78-mal gab es eine Niederlage unter seiner Regie. „Kloppo“ kommt auf eine Sieg-Quote von 60,7 Prozent.
Seit Klopps erstem Premier-League-Spiel am 17. Oktober 2015 („This ist he Klopp Rock“) sammelte der FC Liverpool 671 Punkte. Nur Manchester City kam im gleichen Zeitraum auf mehr Zähler (716).
Ein Meister der Comebacks: 148-mal siegte Liverpool seit Klopps Ankunft nach einem Rückstand. Das ist Rekord in diesem Zeitraum in einer Top-5-Liga in Europa.
Jürgen Klopp hat Anfield neu beseelt, neu erfunden. Fast schon hing den Roten aus Liverpool nach den verspielten Meisterschaften von 2009 und 2014 unter Rafa Benitez und Brendan Rodgers – beide keineswegs schwache Trainer, nur dass wir uns richtig verstehen – das Vizemeister-Image an.
Unter Klopp schienen die Meister-Durststrecke und auch der Final-Fluch weiterzugehen. Abwarten, dachte man bei sich, in Dortmund kamen die Titel auch nicht über Nacht. Den verlorenen Finals im Ligapokal, der Europa League (gegen den FC Sevilla und Manchester City, beides 2016) und in der Champions League gegen Real Madrid in Kiew (2018) sowie der 2019 um einen Punkt verpasste Premier-League-Meisterschaft – bei nur einer einzigen Niederlage, 1:2 bei Pep Guardiolas Manchester City – folgten 7 Titel in 9 Jahren.
Eine derartige Ära prägte in Liverpool seit „King Kenny“ Dalglish kein Trainer mehr. Drei englische Meistertitel zwischen 1986 und 1990 mit Stars wie John „Digger“ Barnes, Ian Rush oder John „Aldo“ Aldridge, im Rhythmus der 1980er-Jahre, begleitet von Liverpooler Band wie Frankie goes to Hollywood und mit dem wabernden, damals noch ungezähmten „Kop“, Liverpools legendärer Fan-Tribüne. Ich habe es miterleben dürfen.
„Let’s talk about six, Baby!“
Mit Jürgen Klopp kam Liverpool wieder auf dieses Level – und sorgte für einige der schönsten Momente meiner Laufbahn als Premier-League-Autor. „Let’s talk about six, Baby“, sangen „Kloppo“ und der norwegische Entertainer Jan Age Fjörtoft nach dem Champions-League-Triumph 2019, dem sechsten Triumph in diesem Wettbewerb.
Die Tränen des Jürgen Klopp nach dem Ende der 30 Jahre währenden Meister-Durststrecke im Juni 2020 rührten die Fußball-Welt. Und man hätte am liebsten mit geweint.
Oder das 4:3 nach 1:3 gegen den BVB im Europa-League-Viertelfinale 2016 – für solche Abende bist du Fußballfan, bist du Reporter, wurden Begriffe wie „Mentalitäts-Monster“ erfunden.
Suchen Sie sich ihren Lieblings-Klopp-Moment raus – oder buchen Sie bis zum Saisonende 2024 noch eine Fußballreise FC Liverpool.
Emotionaler wird es nicht mehr.