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Autor: Carsten Germann
Veröffentlicht: 17.07.2023

Veröffentlicht in Premier League Offside

Fußballreisen Tottenham Hotspur – Londons modernstes Stadion und der ewige Levy

Fußballreisen zu Tottenham Hotspur führen in das rund 430 Millionen Euro teure Tottenham Hotspur Stadium. Seit 2019 haben die „Spurs“ dort ein neues Zuhause – Tickets für Tottenham Hotspur sind heiß begehrt, die mehr als 62.000 Plätze sind schnell vergeben. Die gute Verkehrsanbindung mit der London Overground (Bahnhof: White Hart Lane) und der Dare Skywalk auf dem Dach des Stadions, eine seit 2020 bestehenden Touristen-Attraktion, machen jede Fußballreise Tottenham Hotspur zum Erlebnis. Von der urigen Atmosphäre in den Straßen rund um die Lane an Spieltagen mal ganz abgesehen.

Aber irgendwas fehlt im modernsten Stadion Londons. Richtig. Titel. Tottenham Hotspur konnte auch im neuen Stadion, das über eine eigene Brauerei (10.000 Pints Bier pro Minute) und die größte Tribüne in Großbritannien (South Stand, 17.500 Plätze) verfügt, noch keinen Titel feiern.

Am nächsten dran waren sie sicherlich 2019, als die neue Arena im Londoner Borough of Haringey eingeweiht wurde. Das englische Champions-League-Finale von 2019 in Madrid gegen den FC Liverpool (0:2) war ein Achtungserfolg, doch letztlich standen Harry Kane und Co. mit leeren Händen da.

Der mächtige „Spurs“-Macher Daniel Levy (61) tat in der Folgesaison das, was er in kritischen Lagen immer wieder getan hat. Er entließ den Coach. Erfolgstrainer Mauricio „The Posch“ Pochettino (jetzt FC Chelsea) musste gehen.

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Das Erreichen des Champions-League-Finales 2019 bei Ajax Amsterdam war der größte Erfolg für Tottenham Hotspur unter Klubchef Daniel Levy. Foto: Imago

Seit 2001 ist Levy in Tottenham im Amt und seitdem kamen und gingen an der Lane 12 Trainer. Fast ein Who is Who der Trainergilde. Und doch geht in Tottenham der Posch nicht mehr ab. Der Italiener Antonio Conte („Er conte nur Chelsea“) musste gehen, obwohl er mit dem Team 2023 auf Rang 4 stand – ohne ihn rutschte man auf Platz acht und damit außerhalb der europäischen Ränge. José Mourinho, Tim Sherwood, André Villas-Boas, Nun Espirito Santo (siehe dazu Premier League Offside Tottenham wartet auf den heiligen Geist), Harry Redknapp, Juande Ramos, Martin Jol – sie alle verzweifelten an der Herkulesaufgabe Tottenham.

Levy „schmerzhafter als mein Hüftersatz“

Warum? Weil Daniel Levy ein eiserner Regent ist. Als „allmächtiger und kontrollierender Geschäftsführer“ sieht ihn England-Legende Keir Radnedge. „Schmerzhafter als meinen Hüftersatz“ (natürlich nicht mein Hüftersatz, sondern der von Ferguson, d. Red.), empfand Trainerfuchs Sir Alexander Chapman Ferguson von Manchester United 2008 den Poker mit Levy um den früheren Leverkusener Stürmerstar Dimitar Berbatov. 

Levys Macht und seinen Eigensinn bekommen derzeit auch die Macher des FC Bayern München zu spüren. Uli Hoeneß und Co. geben sich im Rennen um die Dienste von „Spurs“-Rekordtorjäger Harry Kane betont selbstbewusst und erfolgsgewiss, doch das letzte Wort hat Levy.

Er ist die Schlüsselfigur im Transfer von Kane. Und er ist ein anderer Typ Verhandlungspartner als sein Vorgänger Alan Sugar. Die Bayern-Bosse warben dem jüdischen Kaufmann und Baron 1995 – nach nur einer Saison bei Tottenham – Jürgen Klinsmann ab. Für umgerechnet 1,4 Mio. Euro. „Sugar“, giftete Uli Hoeneß damals, „ist eine Witzfigur“. Das dürfte wohl kaum für Levy gelten.

Radnedge: „Wenn er der Meinung ist, dass es zum besten Interesse des Vereins ist, seinen Rekordschützen bis zum Vertragsende 2024 zu halten, dann wird er dies tun.“

Durchaus. So rechnet der Geschäftsmann Levy: Die „Spurs“ spielen nicht international. Bleibt Kane und sorgt er mit seinen Toren – 280 waren es (Stand: Juli 2023) Wettbewerb übergreifend in 435 Spielen – dafür, dass sich dies wieder ändert, würde er ihn notfalls sogar ablösefrei nach München gehen lassen.
Levy gilt als Tottenham-Fan, aber nicht als Fan der Fans. Zum Anhang der Nord-Londoner pflegt er ein, sagen wir mal, unterkühltes Verhältnis.

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Noch ziert Stürmerstar Harry Kane die Außenfassade des Tottenham Hotspur Stadium. Foto: Shutterstock.

150 Millionen für Kane – Klares „No“ von Daniel Levy

Proteste gegen Levy aus der Fankurve gab es zuletzt immer wieder, auch beim 1:3 am vorletzten Premier-League-Spieltag 2022/2023 gegen den FC Brentford (1:3). „Levy out“, Levy raus, so schallten dem „Spurs“-Macher und Ehefrau Tracy Dixon auf der Ehrentribüne die Gesänge entgegen.

Die Gesamt-Situation mit der seit 2008 währenden Titel-Durstrecke, aber auch die Hierarchie im Klub treibt sie um. Für Levy zweitrangig. „Antworten“, so weiß Keir Radnedge, „schuldet er nur dem auf den Bahamas ansässigen Milliardär Joe Lewis, dessen Investmentgesellschaft ENIC der letztendliche Eigentümer von Tottenham ist. Dieser Lewis interessiert sich nicht für Fußball, sondern für ein profitables Geschäft.“

Levy sorgte für Transfer-Weltrekord mit Bale

Der am längsten amtierende Klubchef der Premier League besitzt mit seiner Familie 29,8 Prozent der Anteile am Londoner Traditionsverein. Levys Vermögen wird laut Sunday Times auf 380 Mio. Euro geschätzt. Der Geschäftsmann gilt als härtester Verhandlungspartner in der Premier League.
Um die Verpflichtung von Luka Modric und Gareth Bale 2012 bzw. 2013 zu erreichen, mussten die Bosse von Real Madrid erst mal an Levy vorbei. Der blieb bis zum letzten Tag der jeweiligen Sommer-Transferperiode hart – und holte für seinen Verein 35 Mio. Euro für den späteren Vizeweltmeister Modric und für den neuen Transfer-Rekord für Bale in Höhe von 101 Mio. Euro heraus.

Nicht verhandelbar war für Levy 2021 auch ein Abgang von Harry Kane zum Liga-Rivalen Manchester City. Und das, obwohl der aus den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziell gelenkte Serienmeister bereit gewesen sein soll, umgerechnet 150 Mio. Euro für den Kapitän der Tottenham Hotspur zu zahlen. Von einem „Gentleman’s Agreement“ mit seinem Star über einen angeblich zugsagten Wechsel innerhalb der Premier League wollte Levy anschließend nichts wissen.


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