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Autor: Carsten Germann
Veröffentlicht: 29.09.2023

Veröffentlicht in Premier League Offside

Sheffield United 0 Newcastle 8 – Die schlechtesten Aufsteiger aller Zeiten?

Nicht nur um die „Blades“ muss man sich Sorgen machen – Sheffield United verlor am 24. September 2023 in der Premier League mit 0:8 (0:3) und rutschte auf den 20. und letzten Tabellenplatz ab. Ein historisches Ergebnis, das irgendwie zur Bilanz der Aufsteiger passen will. Auch in Burnley und bei Luton Town sieht es finster aus.

Es war aus der Serie „Give me Eight“ – Newcastle United hatte an der Bramall Lane, wo Tickets für die Heimspiele von Sheffield United begehrt sind, mit 8 verschiedenen Torschützen gewonnen. „Ich kann hier nicht stehen und etwas Positives sagen“, erklärte Sheffields Kapitän John Egan nach der Partie.

Tja, wir doch auch nicht!

8:0, in Worten: Acht zu Null, das hatte es zuvor bereits 5-mal gegeben. Neben 2-mal Newcastle (1999, 2023) schrieben auch Manchester City (2019) gegen den FC Watford, der FC Chelsea gegen Wigan und Aston Villa (2010 und 2012) und der FC Southampton 2014 gegen den AFC Sunderland acht Mal an.

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Give me Eight: Die Spieler von Sheffield United nach dem historischen 0:8 gegen Newcastle United. Foto: Imago Images / Shutterstock

Premier-League-Rekordsiege: Ein Trainer überstand den Tor-Hagel

Tottenham Hotspur schoss Wigan Athletic 2009 mit 9:1 aus dem Stadion an der White Hart Lane. Der englische Nationalspieler Jermain Defoe traf dabei fünf Mal für die „Spurs“.

4-mal gab es in der Premier-League-Geschichte ein 9:0, zuletzt vom FC Liverpool gegen den AFC Bournemouth (27. August 2022), sowie von Manchester United gegen Southampton und Ipswich Town (2021 und 1995) sowie das unvergessene 0:9 des FC Southampton im Oktober 2019 gegen Leicester City, in dessen Folge „Saints“-Coach Ralph Hasenhüttl dennoch im Amt blieb.

Eine derartige Job-Garantie wird man in Sheffield für Trainer Paul Heckingbottom nicht geben. Der Coach, der die „Blades“ zurück in die Premier League führte, steht offenbar vor dem „Aus“. Am 7. Spieltag tritt Sheffield bei Conference-League-Sieger West Ham United an.

Fußballreisen Sheffield United sind Kult, aber sie sind eben auch was für Hartgesottene. Sheffield United ist nach 6 Spieltagen einer von vier Klubs, die in der englischen Eliteliga noch kein Spiel gewonnen haben. Neben dem AFC Bournemouth sind das alle drei Aufsteiger.

Luton Town, Sheffield United und der FC Burnley warten auf Heriberto – bzw. auf den ersten Sieg. Am 3. Oktober könnte es tatsächlich soweit sein. Dann spielen die „Hatters“ von Luton Town und der FC Burnley, der im undankbaren Eröffnungsspiel gegen Meister Manchester City (die-fussballreise.de berichtete) und dann gegen Aston Villa, Tottenham sowie Manchester United vier Heimniederlagen hinnehmen musste, gegeneinander.

„Wie ein anderer Sport“

„Wir waren schon in der Championship ein kleiner Verein“, mag Luton-Coach Rob Edwards gar nicht lange drum herum reden, „in der Premier League sind wir jetzt eben ein noch kleinerer Verein. Wir sollten wahrscheinlich nicht hier sein.“

Für Edwards fühlt sich die „Klasse der Gegner wie ein anderer Sport an.“ Und es stimmt. Premier League und Championship scheinen nicht nur zwei verschiedene Galaxien zu sein. Sie sind es. Das ging mir auch als Reporter so, wenn ich plötzlich Raketen wie Steven Gerrard („Oh Captain, mein Captain“), Wayne Rooney („Over the Moon, we’ve got the Roon“), Harry Kane, Frank „Lamps“ Lampard oder John Terry gegenüberstand. Da kriegst du Manschetten.

So sieht es auch BBC-Experte Michael Brown, der u. a. für Manchester City, Sheffield United und den FC Fulham spielte. „In der Premier League“, schrieb Brown in einer BBC-Kolumne, „kriegst du nur auf die Mütze, wenn du vielleicht in fünf Spielen kein Tor gemacht hast. Deine Verteidiger stehen unter einem konstanten Druck und machen Fehler. Die gegnerischen Spieler sind einfach gerissener.“

Brown sieht die Lücke zwischen der Premier League und der Championship – dank der so genannten „Fallschirm-Zahlungen“ kassieren PL-Absteiger rund 35 Mio. Euro – vom sportlichen Standpunkt her so: „In den letzten Jahren hatten wir sechs oder sieben Schwergewichte aus der Championship, die von den Fallschirm-Zahlungen profitiert haben und auch Premier-League-Erfahrung vorweisen konnten. Sie waren mal oben, mal unten. Aber bei Burnley hat sich das Team nun komplett verändert, ebenso wie das Management. Luton ist aufgestiegen und hat keine wirkliche Premier-League-Erfahrung, bei Sheffield sind es wenige Spieler, die die Liga kennen. Das ist der Unterschied.“

Die Aufsteiger, so ist der „Manchester City-Spieler des Jahres“ 1998 sicher, hätten sich in den vergangenen Jahren schneller an die Premier League und ihren Spielstil angepasst.
Oder sie investierten eben nach dem Aufstieg! Nottingham Forest – 2022 nach 23 Jahren in die Premier League zurückgekommen (siehe dazu auch Premier-League-Offside „Eine Legende kehrt zurück“) – schaffte im letzten Jahr dank Transfers von mehr als 100 Millionen Euro den Liga-Erhalt. Unter anderem holten die „Tricky Trees“ Mittelfeldspieler Morgan Gibbs-White von den Wolverhampton Wanderers und den nigerianischen Stürmer Taiwo Awoniyi vom 1. FC Union Berlin aus der Bundesliga – für 29,7 Mio. bzw. 20,5 Mio. Euro Ablöse. Für Ibrahim Sangaré von der PSV Eindhoven gaben sie in diesem Sommer gar 35 Mio. Euro aus – neuer Vereinsrekord für einen Zugang.

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Die Kenilworth Road von Luton Town ist das kleinste Stadion der Premier League 2023/2024. Foto: Shutterstock

Gegner einschüchtern an der Kenilworth Road?

Derartige finanzielle Drahtseilakte waren von Luton Town nicht zu erwarten. Teuerster Spieler war im Transfer-Sommer „Wolves“-Verteidiger Ryan Giles, den man für 5,85 Millionen Euro anwarb. „Dass sich die Hatters in der Premier League schwertun werden, war nach dem fast sensationellen Aufstieg nicht verwunderlich“, sah man es am 25. September 2023 beim Kicker-Sportmagazin nach dem desaströsen Wochenende für die Aufsteiger, „sie verfügen über die geringsten finanziellen Mittel aller 20 Vereine und bauen mangels teurer Zugänge darauf, dass die Atmosphäre in der mit 11.400 Zuschauern voll besetzten Kenilworth Road die Besucher einschüchtert.“

Ein ambitioniertes Vorhaben.

Der Autor

Carsten Germann berichtet seit 2002 aus erster Hand über den englischen Fußball, u. a. für DIE WELT, BILD am SONNTAG und SPORT BILD sowie seit 1. April 2021 als leitender Redakteur bei Fussballdaten.de. Zudem gab er mit den Büchern Football’s home (2007) und Absolute Dynamite! (2010) zwei Sammelbände mit seinen Fußball-Reiseerlebnissen aus Großbritannien heraus. Für DIE FUSSBALLREISE schreibt er regelmäßig über den Insel-Kick.


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